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36. Orchesterserenade – „Vom spanischen Mozart zum argentinischen Tango“

Eine grandiose Kurpfalzphilharmonie in einer vollbesetzten Elsenzhalle

(ckr – 4.10.24) Mit über 400 Besuchern verzeichnete die 36. Orchester Serenade einen wahrhaftigen Ansturm. Zahlreiche Besucher aller Altersklassen strömten schon bei Öffnung der Türen um 16:30 Uhr in die Elsenzhalle. Dank des Familientickets begleiten viele auch kleinere Kinder die Eltern und Großeltern. So wurde nach einer ersten Serenade 1989 eine Tradition geschaffen. Ein Konzert in der Elsenzhalle, zu dem sich viele Bammentalerinnen und Bammentaler samt Familien einfinden können, um nach einer dem Festtag würdigenden Ansprache durch den Bürgermeister, die völkerverbindende Sprache der Musik sprechen zu lassen.

Mahnende einleitende Worte durch Bürgermeister Holger Karl

So erscheint auch 2024 ein Tag der deutschen Einheit in Bammental ohne Orchester-Serenade undenkbar. In seinen einleitenden Worten erinnerte Bürgermeister Holger Karl daran, wie wertvoll Freiheit, Demokratie und Einheit des Landes sind. „Es ist gerade das friedliche Miteinander, das uns stark macht!“, so Holger Karl.

Die gerade zurückliegende Reise zum 650-jährigen Jubiläum der Partnerstadt Demitz-Thumitz zeige die Verbundenheit, wo gemeinsam mit den Partnern aus Polen und Frankreich gefeiert worden war. „Die „Schlimmsten“ unter ihnen wohl die Kurpfälzer!“, erzählt Holger Karl mit einem Augenzwinkern. Leider konnte Jens Glowienka, Bürgermeister von Demitz-Thumitz, am Abend in Bammental nicht dabei sein, da er selbst eine Veranstaltung in der Stadt hatte. 

Holger Karl würdigte in seinen Worten auch das Vermächtnis des geschätzten ehemaligen Bürgermeisters von Bammental, Herbert Echner, der die Orchester-Serenade einst initiiert hatte. „Es ist mir eine große Ehre, diese Tradition weiterführen zu dürfen.“ Er spricht weiter, dass es ihm eine Freude sei, gemeinsam in der Elsenzhalle zusammenzukommen und das Fest der Wiedervereinigung zu feiern. 

Das Orchester umrahmt von toller Dekoration des Obst- und Gartenbauvereines

Sein Dank galt besonders den Helfern und Helferinnen vor und besonders hinter den Kulissen, den Mitarbeitern des Rathauses, dem Kulturring, dem Bauhof, dem Obst- und Gartenverein und allen Förderer, die diesen Abend so wunderbar vorbereitet haben und für die Annehmlichkeiten sorgen. Auch dem Publikum dankte er, dass diese Tradition so weitergelebt werden würde. 

Doch Holger Karl fand auch mahnende Worte im Hinblick auf das Wahljahr 2024, in dem die Bürger und Bürgerinnen deutlich gemacht hatten, dass nicht alles reibungslos in der Politik läuft. Dies zu beheben, die Stimmen zu hören, sei nun Aufgabe der Politik. Aber die Menschen in Deutschland müssen sich darauf wieder besinnen, welchen Preis die Freiheit, in der wir leben dürfen gehabt habe.

„In diesem Geist der Zusammengehörigkeit und der Freundschaft möchten wir heute Abend nicht nur die Deutsche Einheit feiern, sondern auch die kulturelle Verbundenheit, die uns durch die Musik vereint. Musik kennt keine Grenzen. Unsere Orchesterserenade steht nicht nur für musikalischen Hochgenuss, sondern auch für den Geist des Miteinanders und der Einheit, die wir an diesem Tag feiern.“ So bat Holger Karl am Ende seiner Rede, die Musik als Inspiration zu sehen, über Worte wie Einheit zu sinnieren. „Musik ist eine universelle Sprache und kennt keine Grenzen!“

Vor dem Sprung über den Atlantik zum Tango widmete sich das grandiose Orchester der Kurpfalzphilhamonie Heidelberg unter der Leitung von Jürgen Weiser zunächst einem europäischen Meisterwerk: einer Sinfonie von Juan Crisóstomo de Arriaga, dem ’spanischen Mozart‘. Leider verstarb der Künstler viel zu früh an Tuberkulose, er wurde nur knapp 20 Jahre alt. Seine Musik bildet einen faszinierenden Auftakt zu musikalischen Reise nach Südamerika.

Dem Opening der „Sinfonia a gran orquesta D-Dur Adagio“ folgten weitere Stücke („Allegro vivace Andante con moto“, „Minuetto Allegro“ und „Allegro con moto“), die mal kräftig und fordernd, mal leise und zart die Zuhörer und Zuhörerinnen in den Bann zogen. Zeitweise war es absolut still in der Halle. 

Auch Rathaus-Chef Holger Karl hält die Momente fest

Das Publikum genoss die musikalische Meisterleistung des Orchesters. Einige schlossen die Augen und gaben sich hin, andere wippten mit den Füssen. Besondere Freude war es, die Begeisterung der kleineren Besucher zu sehen, sie tanzten und klatschten und gaben sich auf vielfältige Art der Musik hin.

Fleißiges Team aus dem Rathaus sorgte für Getränke

Das Team um Rathauschef Holger Karl bot in der Pause Laugengebäck und Getränke. An den vorbereiteten Stehtischen herrschte eine ausgelassene Stimmung, bis die Pausenglocke wieder zurück in die Halle, zum zweiten Teil rief.

Einzigartiges und völlig Neues erwartete die gespannten Zuhörer und Zuhörerinnen. Nach einer kleinen Einleitung in die vier Formen des Tangos, faszinierte Norbert Kotzan mit seinem Musikinstrument. Das Bandoneon gehört zur Familie der Handzuginstrumente, wie das Akkordeon oder die Konzertina, und erzeugt seinen charakteristischen Klang durch einen Balg und zungenbesetzte Stimmstöcke. Untrennbar mit dem leidenschaftlichen Tango verbunden, malt das Bandoneon ein musikalisches Bild von den Straßen Buenos Aires und erzählt von Liebe, Verlust und Hoffnung.

Norbert Kotzan mit seinem Bandoneon eingebettet im Orchester 

Norbert Kotzan begleitet einfühlsam in die Thematik und beweist es für die Anwesenden musikalisch. Gemeinsam mit dem klanggewaltigen Orchester nimmt Kotzan das Publikum mit auf eine musikalische Reise durch den Tango. Begleitet wurden die Töne von einem Tango Duo, die es wunderbar schaffen, Liebe und Leidenschaft zu transportieren.

Die 36. Bammentaler Orchester-Serenade hatte schon im Vorfeld viel versprochen. Neben dem bekannten und immer wieder grandiosen Orchester, das dank dem herausragenden Engagement von Arne Müller seit vielen Jahren mit außergewöhnlichen Darbietungen das Publikum begeistert, sorgte die Überraschung des Abends in Form des Bandoneon für eine einzigartige Atmosphäre. 

Dieser Abend wird auf jeden Fall noch eine Weile in Erinnerung bleiben. Und bis zur nächsten Orchester-Serenade sind alle Bammentaler und Bammentalerinnen aufgerufen, mit in den friedlichen Gedanken von Einheit und Zusammengehörigkeit einzustimmen. 


Aus dem Programmheft:

Jürgen Weisser

Jürgen Weiser: studierte Fagott, Komposition, Klavier und Kirchenmusik in seiner Heimatstadt Mannheim, Schulmusik und Politische Wissenschaften in Heidelberg, sowie Dirigieren und Komposition in Detmold. Ab der Spielzeit 1988/89 war er als Kapellmeister am 0ldenburgischen Staatstheater engagiert. Als einer der begabtesten Dirigenten seiner Generation wurde er 1992 in das Dirigentenforum des Deutschen Musikrats berufen.

Nach weiteren Verpflichtungen als Chefdirigent am Landestheater Mecklenburg und als Musikalischer Leiter der Musikbühne Mannheim ist er seit der Spielzeit 2005/06 Künstlerischer Leiter des Kammerorchesters der Mannheimer Abendakademie, seit 2008 ständiger Gastdirigent der Kurpfalzphilharmonie Heidelberg und seit der Spielzeit 2010/l I Dirigent des Symphonieorchesters Neustadt. Seit 2015 leitet er zudem den Universitätschor Mannheim.

Mit Beginn des Jahres 2022 übernahm er die Leitung des Philharmonischen Chors „Liedertafel“ Neustadt. Jürgen Weisser stand bisher nicht nur am Pult von über 40 verschiedenen 0rchestern, sondern hat auch mit zahlreichen Laien-, Studenten- und Profichören gearbeitet. Seine Musiktheaterstücke für Kinder, die er mit dem Textautor Eberhard Streul erstellte, wurden inzwischen an über 100 Theatern im ln- und Ausland aufgeführt. 

Norbert Kotzan : 1975 geboren, hat sich im Laufe seiner Karriere als bedeutender Bandoneonspieler, Komponist und Musikpädagoge etabliert. Sein musikalischer Werdegang begann mit einem Studium der Musikpädagogik in Heidelberg. Die entscheidende Wendung in seiner Laufbahn erfolgte jedoch mit dem Aufbruch nach Buenos Aires, Argentinien. In der Wiege des Tangos vertiefte er seine Kenntnisse im Bandoneonspiel und wurde Teil der lebendigen Tangoszene.

Während seines vierjährigen Aufenthalts in Argentinien entwickelte er nicht nur seine musikalische Technik, sondern auch ein tiefes Verständnis für die Kultur und das Wesen des Tangos. In seiner professionellen Laufbahn hat Kotzan Anerkennung für sein ausgeprägtes Talent am Bandoneon erlangt. Er zeichnet sich durch einen lyrischen und kraftvollen Spielstil aus, der in verschiedenen musikalischen Formationen zur Geltung kommt. Seine Vielseitigkeit zeigt sich auch in der Zusammenarbeit mit der Sängerin Annette Postel in einem Tango-Comedy- Programm.

Darüber hinaus ist er in Orchester- und Kammermusikprojekten aktiv, wie zum Beispiel in einem Konzert mit den Bamberger Symphonikern, und verfolgt auch Soloprojekte. Neben seiner Tätigkeit als Musiker engagiert sich Kotzan aktiv in der Musikpädagogik.

Er ist ein gefragter Lehrer für Tango als Musik- und Tanzform und trägt auch als Komponist maßgeblich zur Verbreitung und Pflege dieser Kultur bei. Die fundierte Ausbildung im Bandoneonspiel erhielt Kotzan von renommierten Lehrern wie Rodolfo Mederos, Federico Pereiro, Mariano Gonzales und Pablo Jaurena. Sein musikalisches Verständnis vertiefte er weiter durch Teilnahme an Arrangement- und Kompositionskursen in Buenos Aires bei Julian Peralta, Exequiel Mantenga und Ramiro Gallo

Vom spanischen Mozart….

Juan Crisóstomo de Arriaga entstammte einer wohlhabenden musikalischen Familie und erwies sich sowohl als Geiger als auch als Komponist als frühreifes Talent, weshalb er auch als „spanischer Mozart“ bezeichnet wurde (zufällig wurde er auch auf den Tag genau 50 Jahre nach Wolfgang Amadeus Mozart geboren). Bereits vor seinem 15. Lebensjahr komponierte er die Oper Los esclavos felices,die auch in seiner Heimatstadt Bilbao aufgeführt wurde. 1821 ging er an das Pariser Konservatorium, wo er von Pierre Baillot weiteren Geigenunterricht erhielt sowie in Harmonielehre und Kontrapunkt von François-Joseph Fétis ausgebildet wurde. Aufgrund seines erstaunlichen Talentes wurde Arriaga bereits 1824 Assistent von Fétis in dessen Kompositionsklasse.

Arriaga starb kurz vor seinem 20. Geburtstag an Tuberkulose, geriet dann bald in Vergessenheit und wurde erst mit dem Aufleben des spanischen Nationalismus Ende des 19. Jahrhunderts wiederentdeckt.

…zum argentinischen Tango

Der Tango, wie er 1911 nach Europa kam, entstand zwischen 1850 und 1900 in Argentinien und Uruguay als eine Melange vieler Musikformen aus der Konfrontation europäischer Musikstile (italienische Musik, polnische Polka etc.) mit lateinamerikanischer Musik (Milonga, Habanera) und afrikanischer Rhythmik (Candombe). Der Name Tango ist vermutlich entlehnt aus dem wesentlich älteren, in Spanien praktizierten, erstmals 1814 in einer Chronik der Stadt Cádiz erwähnten, andalusischen Tango, der Mitte des 19. Jahrhunderts auch in Argentinien populär war. Der Tango im Sinne der heute abend erklingeden Werke entwickelte sich in Argentinien jedoch in eine andere Richtung als der Tango flamenco.

Um den heute mehrfach erklingenden Begründer des Tango nueovo, Sastor Piazolla zu charakterisieren, soll diese Episode genügen: 1954 erhielt Piazzolla, der sich nach großen Erfolgen mit seinen Tangos völlig von diesem abgekehrt hatte, um als seriöser Komponist wahrgenommen zu werden, ein Stipendium für Europa und ging nach Paris, um bei Nadia Boulanger Komposition zu studieren. Beim ersten Vorspielen verschwieg er, dass er Tangos gespielt und komponiert hatte: Piazzolla schämte sich, ihr zu sagen, dass er Tangomusiker war, dass er in Bordellen und Kabaretts von Buenos Aires gearbeitet hatte. Boulanger entdeckte beim Durchsehen von Piazzollas Partituren Einflüsse von Ravel, Strawinsky, Bartók und Hindemith, vermisste jedoch eine individuelle Handschrift und bat Piazzolla, einen Tango auf dem Klavier zu spielen.

Hinterher sagte sie Piazzolla deutlich die Meinung: Du Idiot! Merkst Du nicht, dass dies der echte Piazzolla ist, nicht jener andere? Du kannst die gesamte andere Musik fortschmeißen!

Piazzolla nahm den Rat an, kehrte1955 nach Argentinien zurück und gründete das Octeto Buenos Aires: zwei Bandoneons, zwei Violinen, ein Bass, Cello, Klavier und eine elektrische Gitarre. Mit diesem Ensemble begann die Neuinterpretation des Tangos: Der Tango Nuevo. 

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