„Mit dem Kreisforstamt durchs Jahr“ (Teil 6): Warum manche Graffiti im Wald erlaubt sind
(rnk – 4.8.24) Wellenlinien, Punkte, Kreise und verschiedene Striche in den unterschiedlichsten Farben. Aufmerksame Waldbesucher haben sie sicherlich schon an dem einen oder anderen Baum im Wald bemerkt. Doch woher stammen diese Markierungen, und welchen Zweck erfüllen sie?
Holzprodukte sind aus unserem Alltag nicht wegzudenken. Vom Hausbau bis zum Toilettenpapier – Holz ist ein vielseitiger Rohstoff. Die Entscheidung darüber, welches Holz in die Weiterverarbeitung für die zahlreichen Produkte gelangt, liegt unter anderem bei den Försterinnen und Förstern des Rhein-Neckar-Kreises. Holzerntemaßnahmen finden hauptsächlich im Winterhalbjahr statt. Bevor jedoch die Motorsäge zum Einsatz kommt, gibt es einiges zu tun.
„Alle kommunalen Wälder des Kreises verfügen über eine Forsteinrichtung. Diese 10-Jahresplanung legt für alle Waldbestände, also Waldgebiete mit ähnlicher Altersstruktur und Baumartenzusammensetzung, eine Behandlung fest. Für jeden Bestand wird ermittelt, wie viel Holz derzeit auf der Fläche vorhanden ist und wie viel in den nächsten zehn Jahren nachwächst. Diese Informationen dienen den Forstleuten als Grundlage für eine nachhaltige Waldwirtschaft und die Vorbereitung von Holzerntemaßnahmen“, erklärt Förster Fabian Ernst.
Nach dem Blick in das Forsteinrichtungswerk ist eine Inaugenscheinnahme vor Ort unerlässlich. Hier kommen die „Graffiti“ ins Spiel. Beim Durchgehen der Waldbestände werden die Rückegassen, also die Wege, auf denen Forstmaschinen im Wald fahren dürfen, mit Sprühfarbe nachmarkiert. In der Regel werden dafür zwei übereinanderliegende waagrechte Striche verwendet. Dies gewährleistet, dass die Maschinen stets auf denselben Wegen verbleiben und eine flächige Befahrung des Waldes ausgeschlossen wird. Anschließend werden die Habitatbaumgruppen – kleine, stillgelegte Baumgruppen – aufgesucht. Diese wurden bei der Anlage digitalisiert und markiert, sodass sie immer wieder gefunden werden können. Auch hier ist eine Nachmarkierung erforderlich, um die naturschutzfachlich wertvollen Bäume dauerhaft gut erkennbar zu halten und sie während der Holzerntemaßnahmen zu schützen.
Z-Bäume sind aufgrund ihrer Vitalität besonders widerstandsfähig
Nachdem alle Nachmarkierungen stattgefunden haben, begeben sich die Försterinnen und Förster an die Z-Bäume. „Die Bezeichnung „Z” steht für Zukunft. Z-Bäume sind besonders vitale Bäume mit einer guten Qualität. Sie besitzen eine große, gesunde Krone und einen geraden, astfreien Stamm und haben somit gute Überlebenschancen“, erklärt Försterkollege Klaus Berberich. Diese Bäume sollen am Ende hochwertige Holzprodukte liefern. Damit Waldarbeiter bei der Arbeit wissen, auf welche Bäume sie besonders achten müssen, werden Z-Bäume rund um den Stamm gut sichtbar mit Punkten markiert. „Zusätzlich sind die Z-Bäume aufgrund ihrer Vitalität besonders widerstandsfähig. Dies ist angesichts des Klimawandels, der unsere Wälder durch Trockenheit und Hitze zusätzlich belastet, von großer Bedeutung“, wie Fabian Ernst ergänzt.
Um die mit Punkten markierten Z-Bäume zu unterstützen, werden benachbarte Bäume, die den Z-Baum bedrängen, mit einem roten Querstrich markiert. Und damit wären wir nun in einem Bereich angekommen, den man mit viel Wortwitz auch als „Rotstrichmilieu“ bezeichnen könnte. Diese Bäume sollen gefällt werden, um das Wachstum des Z-Baums zu fördern. Die mit Querstrich markierten Entnahmebäume werden gezählt, und der durchschnittliche Baumdurchmesser wird ermittelt. Anhand dieser Informationen kann die Menge des zu entnehmenden Holzes hochgerechnet werden, um sicherzustellen, dass nicht mehr Holz entnommen wird, als nachwächst. So bleibt die Nachhaltigkeit in unseren Wäldern gewahrt.
Die Försterinnen und Förster legen auf Grundlage der vor Ort gesammelten Informationen, wie Baumartenverteilung, Durchmesser der zu entnehmenden Bäume, Bodenverhältnisse und Anlage der Rückegassen, ein Arbeitsverfahren fest. Also die Art und Weise, wie die Holzerntemaßnahme im Winter durchgeführt werden soll. Das Arbeitsverfahren umfasst die Auswahl der Technik zum Fällen des Holzes sowie den Transport aus dem Wald, um dieses anschließend an einer geschotterten, Lkw-tauglichen Forststraße zu lagern. Von dort kann das Holz dann abtransportiert und weiterverarbeitet werden. „Alle Entscheidungen sowie die Mengenplanung werden schriftlich in einem Arbeitsauftrag festgehalten. Dieser dient als Zusammenfassung aller wichtigen Informationen zu der geplanten Holzernte und bildet die Grundlage für die Beauftragung von eigenen Forstwirten oder Unternehmern für die Holzerntemaßnahme“, betont Förster Berberich.
Die bunten Markierungen in unseren Wäldern erfüllen also wichtige Funktionen. Sie tragen dazu bei, eine nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder im Rhein-Neckar-Kreis sicherzustellen und dabei den Naturschutz zu integrieren. Von der langfristigen Planung der Forsteinrichtung über die genaue Markierung der Rückegassen und Habitatbaumgruppen bis hin zur Auswahl und Förderung von Z-Bäumen ist jeder Schritt wichtig, um zu garantieren, dass unsere Wälder auch in Zukunft alle relevanten Funktionen erfüllen können.
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